Ergänzung des Grundgesetzes - 8. Oktober 1907:
ART. 71. Das Justizministerium und die weltlichen Gerichte sind offiziell zuständig für alle Klagen; Urteile in geistlich-rechtlichen Fragen geschehen unter Mitwirkung der gelehrten und allen kanonischen Vorschriften erfüllenden Schriftgelehrten.
ART. 72. Die weltlichen Richter sind auch zuständig in politischen Rechte betreffenden oder verwaltungsgerichtlichen Streitfällen, außer in Fällen, die vom Gesetz ausgenommen sind.
ART. 73. Die Errichtung weltlicher Gerichte geschieht auf der Grundlage eines Gesetzes, und niemand darf unter welchem Namen und welcher Form auch immer ein Gericht im Widerspruch zu den Bestimmungen des Gesetzes bilden.
ART. 74. Kein Gericht kann anders als Kraft Gesetzes zusammentreten.
ART. 75. Im ganzen Land wird nur ein einziger Revisionshof für Rechtsfälle gebildet und zwar in der Hauptstadt. Dieser Gerichtshof wird in keiner Angelegenheit als erste Instanz Recht sprechen, außer in den die Minister betreffenden Fällen.
ART. 76. Die Sitzungen aller Gerichte sind öffentlich, außer wenn es die öffentliche Ordnung gefährden oder der Sittlichkeit widersprechen würde. In diesem Fall muss das Gericht die Nichtöffentlichkeit erklären.
ART. 77. Wenn bei politischen oder Pressevergehen auf nichtöffentliche Sitzungen erkannt wird, muss dies auf einstimmigen Beschluss der Mitglieder des Gerichts erfolgen.
ART. 78. Die vom Gericht gefällten Urteile müssen mit Beweisführung und Begründung versehen sein, müssen die Angaben der Gesetzesparagraphen enthalten auf Grund deren das Urteil gefällt worden ist, und müssen öffentlich verlesen werden.
ART. 79. Bei politischen und Pressevergehen muss eine Jury von Geschworenen mitwirken.
ART. 80. Die Richter und Gerichtspräsidenten werden in der Weise, die das Gesetz bestimmt, gewählt und durch königliches Dekret ernannt.
ART. 81. Kein Richter eines Gerichts kann aus seinem Amt zeitweise oder dauernd ohne Prozess und nachgewiesener Schuld entfernt werden, wenn er nicht selbst abdankt.
ART. 82. Ein anderes als ein richterliches Amt kann ihm nur mit seiner Zustimmung übertragen werden.
ART. 83. Die Ernennung eines Staatsanwalts liegt im Kompetenzbereich des Königs und geschieht mit Zustimmung eines geistlichen Richters.
ART. 84. Die Ernennung der Richter regelt ein Gesetz.
ART. 85. Die Gerichtspräsidenten können kein anderes Amt übernehmen, außer wenn sie es unentgeltlich tun und es dem Gesetz nicht widerspricht.
ART. 86. In jeder Provinzialhauptstadt wird ein Berufungsgerichtshof für Justizangelegenheiten eingerichtet, und zwar in der Weise wie es im Justizgesetz bezeichnet ist.
ART. 87. Militärgerichte sollen im ganzen Land auf der Grundlage besonderer Gesetze eingerichtet werden.
ART. 88. Die Entscheidung über die gesetzlichen Zuständigkeit und Pflichten einzelner Teile der Regierung soll durch das oberste Revisionsgericht geklärt werden.
ART. 89. Das oberste Revisionsgericht und andere Gerichte werden nur dann Anweisungen und Anordnungen der Provinzen, Unterprovinzen und Lokalbehörden ausführen, wenn sie mit dem Gesetz im Einklang stehen.